Was war das für eine schöne Zeit?
Wir hatten Freunde und trafen uns mit ihnen, wenn uns danach war - zu zweit, zu fünft oder zu zehnt. Wir hatten Spaß und mussten nicht die Vorhänge zuziehen, damit uns keiner sieht.
Wenn wir in den Supermarkt gingen, kontrollierten wir ob wir Geld und die Wohnungsschlüssel dabei hatten und schauten nicht nach einem Atemschutz. Es gab richtige Läden in den Städten, in denen man umher laufen, Klamotten anfassen und anprobieren oder Technikartikel austesten konnte. Es gab große Säle, in denen man gegen ein gewisses Entgelt, zusammen mit vielen anderen, dicht zusammen saß und sich gemeinsam einen der neuesten Kinofilme anschaute.
Wir konnten jeder Zeit Fußball oder Volleyball spielen und es gab Räumlichkeiten, in denen man mit Gleichgesinnten zusammen an seinen Muskeln und der Fitness arbeiten konnte. Sport war damals noch, da waren sich die Wissenschaftler mal einig, ein wichtiges Instrument zur Stärkung des Immunsystems.
Wir konnten anderen Menschen zu lächeln und diese konnten das sogar sehen. Wenn es dann auch noch funkte, gab es Begegnungsstätten, in denen man sich verwöhnen lassen konnte. Man setzte sich an einen Tisch und es wurde einem alles gebracht, was man bestellte. Ein köstliches Essen, ein Glas Wein oder Bier oder ein Stück Kuchen, alles war möglich.
Wenn wir Verwandte, Bekannte oder Freunde trafen begrüßten wir uns herzlich per Handschlag ohne uns davor oder danach Alkohol über die Stellen der Berührung zu kippen. Ja, wir umarmten uns sogar manchmal. Wir hatten keine Angst vor Viren oder Bakterien, denn wir wussten die gibt es überall und sie sind wichtig zum Aufbau eines funktionierenden Immunsystems.
Wir konnten zum Wasted Festival von Feine Sahne Fischfilet ohne als Nazis beschimpft zu werden. Große Stadien waren gefüllt mit zehntausenden Menschen, wenn Metallica Geräusche aus ihren Gitarren quälten.
Wenn jemand krank war kauften wir einen Blumenstrauß und gingen ihn besuchen. Pflege- und Altenheime hatten offene Türen und waren keine Isolierstationen. Wir wussten damals, dass jeder Mensch irgendwann sterben wird. Der eine früher und der andere später.
Heute ist der 31.12.2020, ich sitze in Paraguay auf der Terrasse und trinke den morgendlichen Kaffee. Wir werden heute zum Mittagsgrillen gehen und schauen dann, was uns der Silvesterabend beschert. Noch dürfen wir uns hier, mit ein paar kleinen Einschränkungen, frei bewegen, denn im Sommer hat das Virus Urlaub.
Ich habe nur einen Wunsch für euch und natürlich für mich: Lasst uns im Jahr 2021 wieder leben.
So, und nu hab ich mir mein lecker Bierchen aber verdient.